Aug 2015

Über...



Orange_is_the_new_Black


Zu „Orange is the New Black“, der Netflix-Serie, die in einem Frauengefängnis spielt, hier ein paar Gedanken.

Ich weiß nicht, ob es Absicht der Autor_in war oder einfach auf Grund Ihres Wissens und ihrer Kenntnis menschlichen Verhaltens entstanden ist. Es ist die beste Serie, die ich je zum Thema Karma gesehen habe. Dem buddhistischen Gesetz von Ursache und Wirkung. Man kann das auf alle Entscheidungen der Protagonisten der Serie anwenden. Besonders deutlich wird es aber bei der Heldin der Serie, die ja durch jede ihrer Entscheidungen tiefer im Schlamassel versinkt.

Das ist übrigens der Grund, warum Menschen aus Ost- oder Südostasien oft so wirken, als ob sie jede Entscheidung suchten zu vermeiden. Was natürlich nicht so ganz funktioniert. Da das Leben uns ja oft Entscheidungen aufzwingt. Jede Beziehung, egal zu was, führt zwangsläufig zu Entscheidungen und damit zur Anhäufung von Karma im Buddhistischen Sinne. Man beobachtet oft beim Kennenlernen von Asiaten aus den genannten Gegenden Asiens, daß diese in der Reaktion auf die aufgenommene Beziehung eigenartig unverbindlich bleiben. Dies dient der Vermeidung, Karma anzuhäufen. Ob das glückt, halte ich für zweifelhaft.

Unsere Protagonistin in „Orange is the New Black“ ist sich in keiner ihrer Handlungen der Folgen bewusst. Sie landet aus Lust und Lebensfreude im Gefängnis und ist sich von vornherein nicht darüber im Klaren, daß sie damit die Welt der heteronormativen Matrix verlässt. Und für diese nun praktisch verloren ist. Selbst wenn sie weiterhin eine Cis-Frau bliebe.

Es ist ja nun so, daß die Matrix nicht nur die Eindeutigkeit von Mann und Frau von uns verlangt. Nein, sie prägt jeden Aspekt unseres Lebens und innerhalb des Selben. Sie hat Einrichtungen und Orte für die Menschen, die die Regeln der Matrix gebrochen haben. Eben Gefängnisse oder Psychiatrie.

In der westlichen Welt gibt es den Glauben an gutes und schlechtes Karma. Was im Sinne des Buddhismus ein Irrtum ist. Es gibt weder gutes noch schlechtes Karma. Karma passiert einfach und man kann im Voraus nicht wissen, wo unsere Entscheidungen hinführen.

Unsere Protagonistin versucht also in der Serie, eine früher begangene Handlung von ihr an einer Mitgefangenen durch eine gute Tat wieder gut zu machen. Was dazu führt, daß diese versucht, unsere Protagonistin zu vernichten, weil sie nicht ertragen kann, das die von ihr gehasste Person ihr jetzt etwas Gutes getan hat. Und was schließlich damit endet, daß unsere Serienheldin beim sich Erwehren gegen die Person, der sie jetzt nun eigentlich Gutes getan hat, diese praktisch halb tot schlägt. Was dann zwangsläufig dazu führt, daß sie wieder einen Schritt tiefer in die Kriminalität rutscht und eine Rückkehr in die sie beschützende Matrix immer unwahrscheinlicher wird.

Es gibt im Zen die Geschichte von einem Wanderer, der während seiner umherirrenden Reise sieht, wie ein anderer Mensch mit seinen Zähnen an einem Zweig über einem Abgrund hängt. Was soll er tun? Wenn er den Menschen am Zweig tatsächlich nach dem Weg fragt ...

Ja, was soll unser Reisender tun? Eine Frage würde definitiv zum Absturz des Menschen am Zweig führen. Ihn zu retten bringt den Reisenden vielleicht selbst in Gefahr, und möglicherweise ist das Ganze ja sogar eine Falle von Räubern?

Die Antwort: "Es gibt keinen Ausweg und den Weg musst du gehen."


Und das macht unsere Heldin. Sie geht den Weg ohne Ausweg. Sie hat keine Chance und diese nutzt sie, wie Franz Xaver Kroetz es einmal formulierte. Und wie sie tun das auch alle weiteren Protagonisten dieser Serie. Letztlich ist die Serie eine Metapher für die Matrix, in der wir leben - auch Zivilisation genannt. Der Religionshistoriker und Ethnologe Karl W. Luckert 1) nennt das „Domestizierung“ und dies erinnert irgendwie an Orwells „Farm der Tiere“.

Der Ethnologe Luckert sagt, daß wir, die Menschen, mit der Domestizierung der Pflanzen und Tiere die Herrschaft über die Erde begründet haben und damit die Zivilisation. Was es aber auch notwendig machte, den Menschen selber zu domestizieren. Ein System, das sich nun seit mehr als zehntausend Jahren immer wieder erneuert, indem es immer neue Formen der Ausbeutung erfindet. Von der Herrschaft der ägyptischen und chinesischen Gottkönige, Pharaonen und Kaiser, die tausende von Menschen töteten, um sie ins Jenseits zu begleiten, bis zu den Wirtschaftskonzernen des IWF und der Weltbank von heute.

Was soviel bedeutet wie: Gefängnisse und Psychatrie sind Domestizierungsanstalten, die geleitet werden von den am besten Domestizierten, die wiederrum nicht nur solche Anstalten führen können sondern auch politische Karrieren ergreifen oder Banken und Konzerne leiten. Kurz, das System erneuert sich aus sich selbst und passt sich den Gegebenheiten an.

Einer der Insassen von „Orange is the New Black“ sagt an einer Stelle der Serie: „Ich meine nicht uns, die wir hier im Gefängnis sind. Ich meine die wirklichen Verbrecher. Die von Monsanto und HalliBurton, und Phillip Morris.“

Es wird spannend, zu sehen, wie sich das Raubtier Mensch aus der Klemme befreit. Einerseits unendliches Wachstum, andererseits aber endliche Resourcen. Es erinnert irgendwie an die Geschichte von dem Reisenden und dem Mann mit den Zähnen am Zweig.

Literatur

1) https://de.wikipedia.org/wiki/Orange_Is_the_New_Black

2) https://de.wikipedia.org/wiki/Wumenguan

3) Jaeger-Tempel am Bauchberg Goebekli Tepe von Karl W. Luckert http://www.amazon.de/dp/0983907250/ref=cm_sw_r_tw_dp_I5U0vb19T06EK via @amazon

4) https://en.wikipedia.org/wiki/Karma_in_Buddhism#Zen

Abschied 2

ScanZeichnung Marie Hugo

Paris, wie üblich. Laut, die Straßen voller Autos. In dem Gewühl, Partho Ghosh und ich, wir kämpften uns mit dem Auto durch den Verkehr. In der Hoffnung den Weg zu unserer Verabredung zu finden. Wir waren verabredet. Hatten einen Termin. Vielmehr Partho hatte ihn, ich war seine Begleitung. Er war der Creative Director. Ich seine AD (Art Direktorin). So wie es auch in Realität damals gewesen. Mir war durchaus bewusst das Partho vor einigen Jahren unter dubiosen Umständen an einer Überdosis Tabletten und Alkohol gestorben, tot war und ich, in meinem Traum, mit einem Toten unterwegs.
In meinen Träumen, bin ich zurzeit viel mit den Verstorbenen unterwegs. Vor ein Paar Tagen, mit Russel Means einem leitenden Mitglied des American Indian Movement. Er war zusammen mit seinen Schwestern und Brüdern vom American Indian Movement Anfang der Siebziger Jahre Einer der Besetzer von Wounded Knee und führender Kopf des AIM im Oglala Reservat Pine Ridge in den USA. Die Besetzung der Kleinstadt Wounded Knee im Reservat dauerte 71 Tage. Wobei sich die kleine Gruppe von AIM Leuten, Frauen und Kinder der Lakotah, in einem heldenhaften Widerstand gegen FBI, Nationalgarde und zivilen weißen Kräften befand. Die Belagerung endete am 7. Mai 1974 die Natives ergaben sich der Übermacht des FBI und der Nationalgarde. Trotzdem veränderte dieses Ereignis für immer das Bewusstsein der indigenen Bevölkerung Amerikas.

10514529_1_lRussell Means by Andy Warhol

Andy Warhol hielt es für Wert ein Porträt von Russel Means anzufertigen. In den Neunzigern spielte Russel Means den Chingachkook in der Hollywood Verfilmung von James Fenimore Coopers Roman: "Der letzte Mohikaner".
In meinem Traum von vor zwei Tagen räumten wir eine Bank aus und mussten das am frühen Morgen machen damit Frau Merkel es nicht mitbekam. Der Traum hatte als Location New Mexiko wo Russel Means vor einem halben Jahr an seinem Krebsleiden verstorben.
Die Schlussszene war, das Russel und ich, beobachteten, wie Russels Sohn Tatanka Means ein Grab aushob, zusammen mit einem seiner Brüder. Und dort am Grab, auf der Erde sitzend, Ihre Beine ins Innere des Grabes baumeln ließen und dabei Karten spielten und fröhlich lachten.
Während Russel Means und ich diese Szene beobachteten meinte dieser zu mir: "das Sterben ist etwas alltägliches und gehört zum Leben. Es ist falsch den Toten eine Träne nach zu weinen".


partho-ghosh-foto.1024x1024Partho Ghosh

Zurück nach Paris und zurück zu Partho und meiner Traumgeschichte.
Letztlich fanden wir den Ort unserer Verabredung in irgendeinem der Pariser Vororte im Norden. Ein Studio, das eher wie eine Werkstatt wirkte. Mit Menschen die alle in ihren verschiedenen Beschäftigungen vertieft, mich mit einem Seitenblick, die Fremde, neugierig betrachtend. Während ich mich ebenfalls voller Neugierde umsah und die Atmosphäre in diesem Filmstudio in mich aufsaugte.
Ich habe die Atmosphäre von Film oder Fotostudios immer geliebt. Egal wo in der Welt ich sie betreten aber die in Paris waren mir immer die liebsten. Es ist die Atmosphäre von Improvisation und ein gewisses Laisser-faire welches die Studios auszeichnet. Sie passten auch gut zu meinem und Parthos Arbeitsstil. Obwohl dieser wohl eher in London zu Hause war.
Ich habe ihn dort, in London, während der Zeit als er dort mit der Enkelin von Victor Hugo lebte, mit Mori meiner inzwischen auch verstorbenen damaligen Lebenspartnerin besucht. Es war im Londoner Osten obwohl es mir sehr gefiel und ich ihn ausnahmsweise als wirklich glücklichen Menschen dort vor fand, war ich immer der Meinung, dass er besser zu Paris passte als zu London. Dies kann an meiner Abneigung die ich für London hege liegen. Aber auch daran, das ich irgendwie mich nicht gegen diese Empfindung wehren kann, das ein Inder in London immer ein Inder in London bleibt. Hat wohl etwas mit der besonderen Beziehung Indiens zu Großbritannien zu tun. Partho war oder ist ein Musterbeispiel dieser Hassliebe die indische Menschen mit England verbindet.
Letztlich war sein Leben geformt, geprägt, vom alltäglichen Rassismus. Dem selbst in Oxford und auf der Folkwang Schule ausgebildete Dunkelhäutige Menschen ausgesetzt. Ich hatte schon immer die Empfindung, dass das Leben immer viel Kraft von farbigen Menschen verlangt die Europa leben.
Frankreich ein stark von Kolonialismus wie auch England geprägtes Land, ist sich seines Rassismus weitgehend bewusst denke ich. Ebenso wie England. Es ist Deutschland wo der Rassismus rein unbewusst ist und verdrängt. Unvergessen ist mir die Bemerkung Paul Gredingers dem Chef eines der "G"s von GGK: "Ich wollte ja schon immer einen Inder als Texter haben:"
Mein Glaube das Partho in Frankreich mehr zu Hause als in London oder Düsseldorf, beruht darauf das die "Beautiful People" der Werbe und Modeszene dort, eher traditionell ein tänzerischen Ausdruck hat. Im Gegensatz zu Deutschland oder Großbritannien. Und Parthos Leben war Tanz, seit den Tagen auf der Folkwang Schule in Essen. Aber je länger es dauerte, das Leben, wurde es immer mehr ein Tanz auf dem Vulkan.
Im Traum verlor ich dann Partho aus den Augen während ich mich im Studio rumtrieb und mich mit den Leuten im Studio unterhielt. Nach einer Weile, Verlies ich das Studio und bewegte mich nach draußen vor die Tür und lehnte mich dort an den Eingang des Studios.
Mit meinen dreiundsiebzig Jahren, stamme ich aus einer Zeit, die es nicht mehr gibt. Bob Dylan und die Rolling Stones, sind Gespenster einer Zeit die allmählich für die jetzigen so was ist, wie für mich die dreißiger oder Willy Fritsch und Lillian Harvey. So auch Partho und meine Agentur Jahre. Die GGK ist ein Mythos eigentlich nur noch für die noch Leben und tatsächlich noch wissen was es bedeutete eine Doppelseite im Stern gestaltet zu haben und dafür noch eine Goldmedaille im Art Directors Club zu bekommen. Wir liebten das gute Leben was uns die Werbung bot, genossen die tollen Restaurants und das heute in Paris, morgen New York, London oder Tokyo zu sein. Es gab mal bei Troost Campbell Ewald in Düsseldorf einen Account Executive, Kundenberater, der sagte wir wären alle im Show Business. Er hatte recht. Und Partho war ein Star in diesem Show Business.
So stand ich also in diesem Traum draußen vor dem Studio lehnte an der Mauer, als ich bemerkte wie die vorbei flanierenden Männer mich beobachteten, ich dachte, ich stehe hier wie eine Nutte. "Waitin for the man" wie der inzwischen ja auch verstorbene Lou Reed in den Siebzigern sang.
Partho ist auch Tod und draußen ist es kalt.